Drei unserer Kunden aus der Versorgungsbranche hatten die Entscheidung getroffen, ihr Anlagenmanagement mit der internationalen Norm ISO 55000 auf die nächste Stufe zu bringen. Es stellte sich allerdings heraus, dass das Wesentliche eines solchen Projekts nicht die Zertifizierung selbst ist, sondern etwas sehr viel wertvolleres.
Wir hatten Gelegenheit, die Stromversorger Elenia, Elektrilevi und Caruna zu besuchen, die alle die Zertifizierung gemäß ISO 55000 für ihr Anlagenmanagementsystem erhalten haben. Die Zertifizierung – oder die vergleichbaren Zertifizierungen ISO 55001 oder PAS55 – gibt Unternehmen eine Orientierungshilfe für die optimalen Vorgehensweisen beim Anlagenmanagement, einem wichtigen Bereich für die Versorgungsbranche. Rasmus Armas, Leiter des Anlagenmanagements bei Elektrilevi, erläutert: „ISO 55000 gibt einen Überblick darüber, wie das Anlagenmanagementsystem arbeiten muss. Die Norm gibt keine Antworten oder sagt, was zu tun ist, sondern gibt Ihnen die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, was Sie tun möchten.”
Jorma Myllymäki, COO bei Elenia, ergänzt: „In unserer anlagenintensiven Branche haben das Anlagenmanagement im allgemeinen und die Anwendung von Normen, wie zum Beispiel ISO 55000, eine ausschlaggebende strategische Bedeutung. Wir haben die Bedeutung sehr früh erkannt und wollten einen wirklich professionellen Ansatz verfolgen, da uns die Norm anhält, unsere Anlagen auf sehr nachhaltige Weise zu verwalten.”
Einer der Hauptfaktoren, der von allen drei Versorgungsunternehmen im Zertifizierungsprozess hervorgehoben wird, ist Engagement. Sauli Antila, Leiter des strategischen Anlagenmanagements bei Caruna, sagt dazu: „Es ist sehr wichtig, dass jeder sich engagiert – das Management, das Projektteam – im Prinzip jeder, der beteiligt ist.” Myllymäki vertritt einen ganz ähnlichen Standpunkt: „Das Engagement der Führungsebene im Unternehmen ist äußerst wichtig, alles nimmt hier seinen Anfang. Es muss wirklich von oben bis zur untersten Ebene im Unternehmen reichen und in verschiedenen Prozessen sowie der täglichen Arbeit weitestgehend implementiert werden. Ist dies nicht der Fall, genießen Sie nicht die Vorteile, die möglich sind.” Das gesamte Unternehmen in Anlagenmanagementprozesse einzubinden bringt natürlich Vorteile im Hinblick darauf, wie Teams sich selbst organisieren.
Rasmus Armas erläutert: „Da wir alle Rollen und Prozesse für jeden Teil im System während der Vorbereitung der Zertifizierung durchgegangen sind, wurden die Verantwortlichkeiten jedes einzelnen viel klarer. Das ist wahrscheinlich das Wichtigste, das wir als Unternehmen gelernt haben. Wer für den einen Teil zuständig ist, wer für den anderen, und was genau die Beziehung vom einen zum anderen ist.”
Eine weitere konkrete Möglichkeit, um das Engagement zu steigern, besteht darin, so viele Personen wie möglich zu den ISO 55000-Audits einzuladen. „Wenn man an einem Meeting mit externen Prüfern teilnimmt und diese viele komplizierte Fragen stellen, dann denken Sie über die beste Art und Weise nach, Dinge zu erledigen, und dies trägt auch zur Stärkung des Engagements bei,” kommentiert Antila. Armas sagt abschließend: „Unsere Leute sind jetzt viel stärker vom System überzeugt, denn jemand von außen ist gekommen und hat uns gesagt, dass wir Dinge gut handhaben. Deshalb gehört zu den Vorteilen in hohem Maße auch die Stärkung unseres internen Verständnisses, dass unser System nachhaltig ist, dass wir mit ihm unser Netz betreiben und unsere Ziele erreichen können.”
„Es war für uns sicherlich eine intensive Periode,” fügt Antila hinzu, „jeder hatte eine Menge zu tun, aber wir wussten, was wir tun wollten und hatten es sehr gut strukturiert. Wir hatten firmenintern die besten Leute zur Verfügung und eine sehr gute Kommunikation mit den Prüfern.” Für Caruna war die Zertifizierung außerdem eine Grundlage für die Entwicklung eines laufenden 2-Milliarden-Euro Investitionsprogramms, dem sich schon jeder verschrieben hat. „Dann war es nur noch ein Katzensprung, um die Zertifizierung Wirklichkeit werden zu lassen.”
Allerdings geht es bei der Zertifizierung nicht um das Zertifikat. Das ist es, was sich bei allen drei Interviews herausgestellt hat. „Es ist nicht irgendein Zertifikat, mit dem das Image des Unternehmens aufpoliert werden soll,” sagt Sauli Antila. Rasmus Armas ist derselben Ansicht und sieht die Vorteile in den internen Vorbereitungsarbeiten, nicht in der Zertifizierung selbst: „Es lohnt sich für Sie, die Art und Weise zu überprüfen, wie Sie arbeiten, Abläufe zu klären und in ein festes System einzubinden, um sicherzustellen, dass sie nachhaltig sind und Sie dadurch ein besseres Verständnis erlangen. Das ist der wahre Nutzen, nicht das Dokument, das Sie an der Wand aufhängen.”
Auch Myllymäki betont, dass die Arbeit selbst nach der Zertifizierung weitergeht: „Wir haben eindeutig festgelegte Rollen und Verantwortlichkeiten, um sicherzustellen, dass wir unsere Routinen und Prinzipien beim Anlagenmanagement kontinuierlich verbessern. Es ist wirklich wichtig, die Dinge nicht schleifen zu lassen, wenn wir das Zertifikat haben. Genauso wichtig – oder sogar noch wichtiger – ist es, dass wir uns auch nach der Zertifizierung kontinuierlich weiterentwickeln. Und das hat sich als sehr positiv erwiesen.”
Der Zertifizierung schließt sich eine dreijährige Nachbeobachtungszeit mit Schwerpunkt auf kontinuierlicher Entwicklung an. „Das ist eine sehr gute Motivation für das Unternehmen, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, denn das nächste Audit steht immer an und Sie haben einen Zeitplan für Ihre Verbesserungsmaßnahmen” fügt Antila abschließend hinzu und lächelt: „Und natürlich ist die finnische Mentalität so, dass Sie tun, was Sie versprochen haben. Für uns ist also klar, dass wir es tun werden, es gibt keine andere Option. Wenn wir das erreicht haben, müssen wir überlegen, ob wir die Messlatte höher legen und weitergehen, oder ob es ein bestimmtes Thema gibt, auf das wir uns konzentrieren wollen, vielleicht aber ändern sich auch die Umstände; das alles werden wir in drei Jahren sehen.”
Für jeden, der darüber nachdenkt, den Zertifizierungsprozess zu beginnen, ist die Botschaft klar. „Ich würde definitiv jedem raten, es zu versuchen und die Zertifizierung zu erhalten,” sagt Rasmus Armas und Sauli Antila ist ebenfalls dieser Meinung: „Es ist wirklich nicht so kompliziert, man muss einfach nur das Engagement aufbringen sowie die Klarheit und Offenheit im Unternehmen haben, und man muss den Prozess vereinfachen. Dies sind die wesentlichen Dinge.” Es ist sowohl eindrucksvoll als auch spannend, zu erfahren, was tatsächlich hinter den Kulissen unserer Kunden vor sich geht. Selbst bei einer internationalen Norm wie dieser geht es nicht um das Firmenimage. Es geht darum, die eigene Arbeit kritisch zu bewerten und zu versuchen, sie so zu verbessern, dass das Potenzial optimal genutzt wird.
